Aus dem Schlafsack krabbeln und so einen Morgen an diesem Platz erleben: das ist eine Wucht. Da kann nicht einmal das klatschnasse Überzelt die Laune verderben. Solche Momente sind es, die mich süchtig nach dem Radeln machen
Sibiu ist mit Nebel zugedeckt. Da habe ich noch genügend Zeit, um in aller Ruhe zu früstücken und mich startklar zu machen.
Die brauche ich auch, denn es kommen vier Radler den Berg hoch gesaust. Einer lässt an der Schranke zum militärischen Sperrgebiet, in das die ersten trotz Verbot locker hinein gefahren sind, einen Schrei los und pfeift sie zurück. Sein Schaltauge ist gebrochen. Ich helfe. Aber nach den ersten Metern bricht die Kette, in die ich mit Mühe die Bolzen reingedrückt habe, wieder auseinander. Er muss nach Sibiu zurück und ich kann starten.Nach einem Stück 4-spuriger Straße ohne Radweg komme ich an diese Markthalle. Es ist Sonntag und sie ist offen. Noch besser: im Außenbereich ist eine öffentliche Trink-wasserstelle. Das hebt meine Stimmung. Sibiu ist nicht mehr ganz so hässlich. Weiter geht's über 4-spurige Straßen und 2-spurige Kreisel.
Ich bin tatsächlich in Sibiu und Deutsch wird hier auch gepflegt. Hermannstadt war der wichtigste der 7 Stühle Siebenbürgens.
Das schöne Kirchendach kommt immer wieder in's Blickfeld und so erreiche ich den Kirchplatz schnell. Noch weiß ich nicht, in welchem historischen Raum ich bin.
Ich lasse mich auf eine öffentliche Sitzgelegenheit nieder, tanke Sonnenstrom, beobachte die vorbeiziehenden Menschen und genieße den Platz.
Neben dem Restaurant steht ein Stadtplan, den ich natürlich studiere. Er wirbt für einen Audioguide. Den hole ich mir mittels QR-Code vom Plan auf mein Handy. Natürlich gibt es ihn in Hermannstadt auch auf Deutsch. Damit beginnt meine Stadterkundung.
Blick über die Lügenbrücke in die Unterstadt. Sie ist nicht so gut saniert wie die Oberstadt, hat aber schöne Winkel und morbiden Charme. Im Vergleich dazu ist die Oberstadt geschleckt. Sie ist aus der ursprünglichen Kirchenburg gewachsen und wurde wohl deshalb so gut saniert. Der Kirchplatz, auf dem ich mich so lange verweilt habe, war ursprünglich die erste Kirchenburg.
Zwischendem 2. und 3. Befestigungsring liegt der "Große Platz". Hier schaut man über den Großen Platz auf den 2. Befestigungsring, von dem noch ein Torturm erhalten ist. Auf dem Platz finden viele kulturelle Veranstaltungen statt. Natürlich wimmelt es von Bars Cafes und Restaurants.
Im Dumont stand, dass man die historischen Strukturen erkennen kann, aber ohne den Audioguide wäre mir das nicht gelungen. Selbst mit dem Guide finde ich verschiedene Punkte nicht.
Ein Teil der Hallerbastei von innen. Sie wurde 1553 fertig gestellt und ist der 4. wenn nicht sogar der 5. Befestigungsring.
Ich gehe durch diese ruhigen Straßen. Da spricht mich eine alte Frau an: "sind sie Deutscher".Sie hat wohl erkannt, dass mein Handy Deutsch spricht. Es ist Maria Rot, eine echte siebenbürger Sächsin in der 6. Generation. Im Gespräch erfahre ich im Originalton, was man überall lesen kann: Ihre Kinder sind alle nach Deutschland ausgewandert. Die Deutsche Gemeinde ist sehr klein geworden. Sie ist stolz auf ihre Stadt. Die Informationen über Schulen und Museen sprudeln nur so aus ihr heraus. Ich empfinde, sie freut sich darüber, mit einem Fremden Deutsch sprechen zu können.
Beim Bumel durch die Stadt tauchen immer wieder schöne Flecken auf. Sie hat was Ruhiges, Freundliches, Liebenswertes. Mit Recht wird sie schönste Stadt Rumäniens genannt.
Ich bin versöhnt.
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