Donnerstag, 23. September 2021

Kirchenburg

 Ich hatte es tatsächlich geschafft, Google Translate reibungslos in Betrieb zu setzen. Aber mein Gegenüber schaute mich verständnislos an. Frust. Die Worte, die auf mich einprasselten, verstand ich nicht. Mit Gesten und wenigen Worten wurde dann klar: er ist Ungar. Dann fiel mir ein, dass schon eine ganze Weile die Straßenschilder zweisprachig waren. Diese Gegend ist von Ungarn bewohnt. Leider brachten wir trotz Umstellung von Google Translate auf Ungarisch kein Gespräch zustande.

Hier fahren große Traktoren über große Felder. Nur wenigen bringt das Reichtum. Die meisten Menschen sind arm. Die Bildung großer Kolchosen hat die Existenzgrunglage der hier wohnenden Menschen sehr geschmälert. Das hatte der Huzulen-Förster gesagt.  Es gibt in dieser Gegend auffallend wenig Autos dafür viel verlassene Häuser. Die noch bewohnten Häuser sind oft sanierungsbedürftig. Es ist ein armer Landstrich.

So sieht das im Norden aus

Beim obigen Bild ist Brasov näher als Sighetu im Bild nebenan. Brasov ist ein vielfaches größer als Sighetu und bietet deshalb bessere Verdienst-möglichkeiten - ohne Wirkung auf die Bevölkerung im Umland.



Ich kam über die Felder gehuppelt. Zwei Kirchentürme kündigten Honigberg/Harman an. Keine Seltenheit. Die Dorfstraße war sehr lang und ländlich. Unter einer Kirchenburg hatte ich mir Größeres vorgestellt. Bin ich im falschen Ort gelandet??

Plötzlich öffnete sich die Straße ein wenig und ich stand vor ihr. Wow, mit so einem wehrhaften Bau hatte ich nicht gerechnet. Und mit so vielen Deutschen auch nicht. Bisher habe ich nur zweimal Deutsche getroffen. Hier waren es Busladungen voll  und eine Karawane von Wohnmobilen mit Kennzeichen quer durch Deutschland stand vor dem Eingang. Trotzdem konnte man 1,5 m Abstand halten.

Im Wehrgang der Burg. Es ist ein sehr wehrhafter Bau: Schießscharten und Öffnungen zum Ausgießen von heißen Flüssigkeiten. Durch den breiten und überdachten Gang sowie die integrierten Türme war die Logistik einfach.

Der Ungarische König warb die Deutschen an, um das Gebiet zu besiedeln und gegen Angriffe durch Tataren und Osmanen aus Osten zu schützen. Es war also ein Deal: Land gegen militärische Leistung. Die Besiedelung begann mitte des 12. Jahrhunderts. Die Angriffe waren häufig und erforderten immer wieder Umbauten und Verstärkung der Wehranlagen. Vor diesem geschichtlichen Hintergrund wird klar, warum die Kirchenburgen so wehrhaft sind. "Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen" kann man hier wörtlich nehmen und selbst ein anerkannter Kriegsdienstverweigerer muss es für richtig halten, dass sich die Menschen gegen die Angriffe wehrten.
mehr über Siebenbürgen bei Wiki

So sieht es im Inneren aus. Die Häuser sind an die Mauer gebaut. In ihnen mussten die Bewohner bei einem Überfall zusammenrücken. Heute ist ein Museum darin. Das unverputzte Haus war anfangs eine Kapelle und wurde später zu einem Wehrturm umgebaut. Die Fresken aus dem 15. Jhd. sind noch teilweise erhalten.
Die Leitern führen zu Lebensmittel-speichern, die in das Seitenschiff der Kirche integriert sind.

Im Museum ist u. A. diese Nasszelle aus dem 19. Jhd. zu besichtigen. Insgesamt ist das Museum interessant und gibt einen guten Einblick in das Leben des 19. Jhds. 

Im Dumont waren schon mehrere Kirchenburgen aufgeführt. Ich dachte, eine reicht. Leider, denn mit 8 km Umweg hätte ich noch eine weitere besichtigen können. Man kann darüber diskutieren, ob ich auf meiner Tour wie Ferkó Zoltán von Kirchenburg zu Kirchenburg fahren sollte. Da ist mir Vielfalt und die Begegnung mit Menschen wichtiger. Zoltáns Film ist nicht spannend aber sehr informativ. 

Honigberg lag für mich kurz vor Brasov, Rosenau/Rasnov kurz dahinter.  Klar, dass ich das ansah. Es ist ein Wehrdorf. Leider war eine Generalsanierung im Gange, so dass ich es nur von außen ansehen konnte.



Von der gegenüberliegenden Passstraße erkennt man gut die exponierte Lage auf einem Hügel.

Burgbegeisterte können hier einen Plan anschauen und die Historie lesen. 

 

 

 

 

 

 

 Blick auf Rasnov. Eine typische Siedlung der Siebenbürger Sachsen aus dem 19. - Anfang 20. Jhd. Die Anwesen sind viel größer als die der Rumänen und Ungarn. Breite Straßen und durchgehend bebaute Straßenfronten sind typisch. In älteren Dörfern sind die Gebäude kleiner und die Bebauung ist lockerer. Die Straßen sind immer breit.




Die meisten Siebenbürger Sachsen sind nach Deutschland gezogen, aber manche Namen sind noch da.








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